Freie Sicht

Haben Sie Kinder? Wissen Sie, was sie gerade tun? Wer oder was ihre Gedanken beeinflusst? Von welchen diffusen Ängsten sie womöglich getrieben sind und wozu sie im Äußersten in der Lage wären? Hören Sie genau hin! Hören Sie es ticken?

„Niemand kann verlangen, dass wir alleine damit klarkommen!“, darüber  ist sich die Gemeinschaft im Stück einig. Sie rätselt über die Absichten einer Zwölfjährigen, die dubiose grüne Pakete verschnürt. Doch nicht immer werden Sorgen weniger, wenn man sie teilt. Die diffusen Ängste der Erziehungsberechtigten vor der heranwachsenden Bedrohung unter dem eigenen Dach, verdichten sich zunehmend. Jemand muss mit dem Mädchen reden, um Schlimmeres zu verhindern. Natürlich nicht ohne die passende Ausrüstung: Helme, Spürhunde, kugelsichere Westen und Psychologen müssen her. Zur Sicherheit. Die Frage ist nur, wer hier eigentlich geschützt werden muss...

Dieses skurrile Szenario eines kollektiven Kontrollverlusts ist in seiner Absurdität manchmal komisch und oft brutal, vor allem aber entlarvt es schonungslos, wie sich die Befindlichkeiten der Masse auf die Freiheit des Einzelnen auswirken können. Eine bitterböse Absage an hysterisches Gutmenschentum. 

Marius von Mayenburg, geboren 1972 in München, nach dem Abitur Studium der Altgermanistik, seit 1992 in Berlin. 1994 bis 1998 Studium an der Hochschule der Künste. 1998 bis 1999 Dramaturgie-Mitarbeit an der DT-Baracke, seit 1999 Dramaturg und Hausautor an derSchaubühne am Lehniner Platz. Regiearbeit. Übersetzungen. "Kleist-Förderpreis fürjunge Dramatiker 1997" und "Preis der Frankfurter Autorenstiftung 1997" für"Feuergesicht". Marius von Mayenburg lebt in Berlin.